Donnerstag, Juni 05, 2008

Das Innere Team in der Mediation - Unser Treffen vom 14. Mai 2008


Bei unserem letzten Treffen haben wir uns einen Mediationsfall von Doro als Trainingsobjekt genommen und gemeinsam vorbereitet - oder zumindest damit angefangen, ein bisschen weitere Vorbereitung wird vielleicht noch geblieben sein. Wir haben dabei das Modell vom "Inneren Team" angewendet.

Das Modell vom Inneren Team geht auf Friedemann Schulz von Thun zurück. Es geht davon aus, dass jeder von uns "innere Teammitglieder" in sich hat, die sich ständig zu Wort melden und unsere Empfindungen, Gedanken, Haltungen und Handlungen mit bestimmen. Theoretisch geht das Modell zurück auf verschiedene Ansätze in der Psychologie, in denen der Persönlichkeit "innere Stimmen", "Teilpersönlichkeiten" o.ä. (zum Beispiel in der Gestalttherapie, "Top Dog" und "Underdog") zugeordnet werden, die die Persönlichkeit jedes Menschen mit ihren Ambivalenzen und Widersprüchen ausmachen.

Praktisch sind wir so vorgegangen: Wir haben uns zunächst in die Rollen der einen an dem Rechtsstreit beteiligten Person hineinversetzt und in freier Assoziation in die Gruppe reingerufen, was wir empfinden, wollen, meinen und fühlen. Anschließend haben wir die Rollen getauscht und das gleiche mit der anderen Partei gemacht.

Die dabei gefundenen "Stimmen" haben wir auf dem Flipchart als inneres Team visualisiert. Wir haben für die erste Partei ein Männlein (genau genommen ein Weiblein) gemalt mit großem Bauch, und in diesen Bauch haben wir die einzelnen "inneren Teammitglieder" als kleine Männchen gezeichnet. Jedes innere Teammitglied kriegt einen Namen druntergesetzt und einen Satz in einer Sprechblase drübergesetzt. Die Teammitglieder können zum Beispiel heißen "Die Pokerspielerin" und den Satz sprechen "Wollen wir doch mal sehen, wie weit der geht!", "Die Vorsichtige" mit dem Satz "Lieber nicht zu weit vorwagen..." usw.

Die inneren Teammitglieder zu visualisieren, hilft, sich die in der Person wirksamen Stimmen und Haltungen bewusst zu machen. Der Effekt wird noch besser, wenn die kleinen Teammitglieder noch in Körperhaltung, Ausdruck oder mit Gegenständen (Unterlagen für den "Buchhalter", Kartenblatt für die "Pokerspielerin" usw.) gezeichnet werden. Dabei gelten die Sätze: "Ausdruck geht vor Schönheit!" und "Übung macht den Meister!"

Nachdem die inneren Teammitglieder "gesammelt" worden sind, wird jeweils noch einmal überprüft, ob keins übersehen worden ist. Häufig kommen in dieser Runde noch Mitglieder ans Licht, die für die Konfliktklärung besonders wichtig sind: Leicht übersehen werden gerade die ungewollten, ungeliebten und in den Untergrund verdrängten Stimmen. Gerade bei denen besteht aber die Gefahr, dass sie sich während der Konfliktlösung plötzlich zu Wort melden und eine Lösung verhindern.

In der Vorbereitung der Mediation ermöglicht das Modell vom Inneren Team, die Friedens- und Unruhestifter in den Beteiligten sich klar vor Augen zu führen. In der eigentlichen Mediation kann die Moderation des Konflikts daran ansetzen. Die Stimmen aus dem Untergrund können durch die richtigen Fragen hervorgeholt werden. Dadurch kommen diese zu Wort und können gedanklich und im Dialog verarbeitet werden. Die Gefahr, dass sie später als innere Unsicherheit spürbar werden, kann dadurch verringert werden. Vielleicht gelingt es sogar, sie durch wertschätzende Anteilnahme und die richtigen Fragen zu "wertvollen" Teammitgliedern "weiterzuentwickeln" - zum Beispiel mit dem Werte- und Entwicklungsquadrat (siehe letztes Posting).

Auch die "konstruktiven" Teammitglieder sollen an der richtigen Stelle "drangenommen" und in einen Dialog mit den "passenden" Mitgliedern im Team der anderen Konfliktpartei gebracht werden. Wenn die den Konflikt antreibenden Stimmen zu Wort gekommen, eine echte Aussprache stattgefunden hat, die vermeintliche Lösungslosigkeit kurz ausgehalten worden ist, ist die Zeit dafür richtig, und vielleicht gelingt eine Lösung.

Welche Teammitglieder das genau waren, ob die Vorbereitung mit dem "Inneren Team" im konkreten Fall sinnvoll und hilfreich war und ob und wie der Fall einer Lösung zugeführt worden ist, wird Doro uns beim nächsten Treffen berichten.

Für die, die sich mit dem Modell vom Inneren Team ausführlicher befassen wollen, abschließend noch drei Literaturhinweise, alle geschrieben oder herausgegeben von Schulz von Thun. Entwickelt ist es in dem Buch "Miteinander Reden", Band 3, in Kurzform beschrieben in den Büchern "Kommunikationspsychologie für Führungskräfte" und "Das Innere Team in Aktion - Praktische Arbeit mit dem Modell". In dem zuletzt genannten Buch ist, neben vielen anderen Anwendungsfällen, eine Mediationsvorbereitung mit dem Modell beschrieben.

1 Kommentar:

medialog hat gesagt…

Lieber Michael,
Danke für das ausführliche Protokoll!!
Doro